Amazon cover image
Image from Amazon.com

Vienna Roman Eva Menasse

By: Material type: TextTextLanguage: German Publisher: Köln Kiepenheuer und Witsch 2005Edition: 1. AuflDescription: 427 S. 21 cmContent type:
  • Text
Media type:
  • ohne Hilfsmittel zu benutzen
Carrier type:
  • Band
ISBN:
  • 9783462034653
  • 3462034650
Subject(s): Genre/Form: Additional physical formats: Online-Ausg.: ViennaDDC classification:
  • 830 B 22sdnb
Summary: So hat lange niemand mehr erzählt - Eva Menasses Familiensaga fängt von Wien aus ein ganzes Jahrhundert ein. Von der Vergangenheit bleibt nur, was erzählt wird. Eva Menasse macht das Erinnern zum Ausgangspunkt des Erzählens und entwirft mit den fulminanten Geschichten einer Wiener Familie mit jüdischen Wurzeln den Bilderreigen einer Epoche. >Mein Vater war eine Sturzgeburt<: Kopfüber, wie die Hauptfigur, fällt der Leser in diesen Roman und erlebt, wie die Großmutter über ihrer Bridge-Partie beinahe die Geburt versäumt. So kommt der Vater der Erzählerin zu Hause zur Welt, ruiniert dabei den kostbaren Pelzmantel und verhilft der wortgewaltigen Familie zu einer ihrer beliebtesten Anekdoten. Hier, wo man permanent durcheinander redet und sich selten einig ist, gilt der am meisten, der am lustigsten erzählt. Fragen stellt man besser nicht, obwohl die ungewöhnliche Verbindung der Großeltern, eines Wiener Juden und einer mährischen Katholikin, im zwanzigsten Jahrhundert höchst schicksalsträchtig ist. So verschlägt es deren drei Kinder auf der Flucht vor den Nazis in die Welt. Während der eine in England Fußballer wird und der andere sich im Dschungel von Burma als Soldat durchschlägt, geht die schöne Schwester Katzi in Kanada verloren. Über sie wird später am Familientisch auffällig geschwiegen, lieber redet man vom legendären Onkel Königsbee, der mit Wortverdrehungen wie >Das ist nicht meine Dämone< unsterblich geworden ist. Doch als die Enkel beginnen, Fragen zu stellen, zerrinnt ihnen das einzige Erbe, der tragikomische Geschichtenfundus, zwischen den Fingern. Eva Menasse beeindruckt mit einem Ensemble hinreißender Figuren und unerwarteten Begebenheiten und zeigt wie nebenbei das Entstehen und den Zerfall von Familiengeschichte und Identität.Review: Quelle: www.rezensionen.at - Ein guter Roman steht und fällt mit dem ersten Satz. Eva Menasses Roman "Vienna" ist daher ex kathedra gesprochen ein guter Roman, denn der Anfangssatz wird den Lesern noch in Erinnerung sein, da mag der Roman schon längst auf der Halde der Antiquariate liegen. "Mein Vater war eine Sturzgeburt." (9) Wuff, nach so einem Satz gibt es nur noch eines: Weiterlesen! Da raunzen sich auf vierhundert Seiten Figuren durch den Kosmos und schaffen durch Sprachstil, Ironie und perverses Abschweifen vom gerade ausgegebenen Thema jenen Kosmos, der sich durchaus Vienna nennen lässt. Der international gehaltene Namen dieser verrückten Stadt Wien deutet darauf hin, dass die Figuren auch eine Außensicht auf die Stadt haben, wenn auch nicht freiwillig. Denn Teile der Familie mussten emigrieren, wurden vertrieben und erzählen ihren Part quer über die Kontinente und die Zeit verstreut. Andererseits ist Vienna aber auch der Topfußballverein, der sinnigerweise stets den Klassenerhalt verfehlt und ins Bodenlose absteigt. Eigentlich sind es beinahe akademisch trocken gehaltene Streiche, die den kauzigen Figuren angetan werden, oder die sie einander antun, indem sie betulich über jeden noch so kleinen Schas einen fundierten Bericht abgeben. So ist auch die Sturzgeburt des Vaters zu verstehen, der 1930 anlässlich einer überlangen Bridge-Partie der Großmutter kopfüber in die Welt gestürzt ist. Sämtliche Themen des Romans kommen als Sturzgeburten auf die Welt, zwängen sich so in das bereits bisher Erzählte, weil sie es einfach nicht erwarten können, dass sie drankommen. Zusammengehalten wird die Familie durch ihre Geschichten, die meist aus der Wiener Zeit stammen, ehe die Nazis zuschlugen. Nach der Vertreibung wird ein Sohn Fußballer in England, ein anderer Soldat in Burma und die Tochter löst sich irgendwo in Kanada in Luft auf. Letztlich weiß man nicht immer genau, wer die Geschichtchen und Skurrilitäten erzählt und warum, offensichtlich sind diese Anekdoten alle ein Ablenkungsmanöver, um nicht über die schmerzhafte Familiengeschichte der Vertreibung reden zu müssen. In diesem ironischen Kompott lassen sich auch diverse Plots ausmachen, die teilweise wie der Verschnitt einer Medienkampagne klingen. Ein Präsident des Schiverbandes wird als Kriegsverbrecher enttarnt und dadurch ebenfalls zu einer Anekdote. Eva Menasses Bestseller Vienna erscheint zum idealen Zeitpunkt mitten unter Jubiläen. Den ganzen Tag lang sitzen Historiker am offenen Fernsehmikrophon und plaudern über Österreich, gleichzeitig feiern sich die Medien, dass sie Österreich so nett darstellen, alles ist im Festtagsrausch. So sind auch die Figuren des Romans echte Österreicher, die kauzig die Feiertags-Sau herauslassen und ein Vienna machen, was immer das auch sein mag. Helmuth Schönauer
Star ratings
    Average rating: 0.0 (0 votes)
Holdings
Item type Current library Collection Call number Status Date due Barcode
Bücher Bücher Schulbibliothek BSZ Mistelbach ZSB Belletristik DR.H MEN (Browse shelf(Opens below)) Available 10135563

So hat lange niemand mehr erzählt - Eva Menasses Familiensaga fängt von Wien aus ein ganzes Jahrhundert ein. Von der Vergangenheit bleibt nur, was erzählt wird. Eva Menasse macht das Erinnern zum Ausgangspunkt des Erzählens und entwirft mit den fulminanten Geschichten einer Wiener Familie mit jüdischen Wurzeln den Bilderreigen einer Epoche. >Mein Vater war eine Sturzgeburt<: Kopfüber, wie die Hauptfigur, fällt der Leser in diesen Roman und erlebt, wie die Großmutter über ihrer Bridge-Partie beinahe die Geburt versäumt. So kommt der Vater der Erzählerin zu Hause zur Welt, ruiniert dabei den kostbaren Pelzmantel und verhilft der wortgewaltigen Familie zu einer ihrer beliebtesten Anekdoten. Hier, wo man permanent durcheinander redet und sich selten einig ist, gilt der am meisten, der am lustigsten erzählt. Fragen stellt man besser nicht, obwohl die ungewöhnliche Verbindung der Großeltern, eines Wiener Juden und einer mährischen Katholikin, im zwanzigsten Jahrhundert höchst schicksalsträchtig ist. So verschlägt es deren drei Kinder auf der Flucht vor den Nazis in die Welt. Während der eine in England Fußballer wird und der andere sich im Dschungel von Burma als Soldat durchschlägt, geht die schöne Schwester Katzi in Kanada verloren. Über sie wird später am Familientisch auffällig geschwiegen, lieber redet man vom legendären Onkel Königsbee, der mit Wortverdrehungen wie >Das ist nicht meine Dämone< unsterblich geworden ist. Doch als die Enkel beginnen, Fragen zu stellen, zerrinnt ihnen das einzige Erbe, der tragikomische Geschichtenfundus, zwischen den Fingern. Eva Menasse beeindruckt mit einem Ensemble hinreißender Figuren und unerwarteten Begebenheiten und zeigt wie nebenbei das Entstehen und den Zerfall von Familiengeschichte und Identität.

Quelle: www.rezensionen.at -

Ein guter Roman steht und fällt mit dem ersten Satz. Eva Menasses Roman "Vienna" ist daher ex kathedra gesprochen ein guter Roman, denn der Anfangssatz wird den Lesern noch in Erinnerung sein, da mag der Roman schon längst auf der Halde der Antiquariate liegen.
"Mein Vater war eine Sturzgeburt." (9)
Wuff, nach so einem Satz gibt es nur noch eines: Weiterlesen!
Da raunzen sich auf vierhundert Seiten Figuren durch den Kosmos und schaffen durch Sprachstil, Ironie und perverses Abschweifen vom gerade ausgegebenen Thema jenen Kosmos, der sich durchaus Vienna nennen lässt. Der international gehaltene Namen dieser verrückten Stadt Wien deutet darauf hin, dass die Figuren auch eine Außensicht auf die Stadt haben, wenn auch nicht freiwillig. Denn Teile der Familie mussten emigrieren, wurden vertrieben und erzählen ihren Part quer über die Kontinente und die Zeit verstreut. Andererseits ist Vienna aber auch der Topfußballverein, der sinnigerweise stets den Klassenerhalt verfehlt und ins Bodenlose absteigt.
Eigentlich sind es beinahe akademisch trocken gehaltene Streiche, die den kauzigen Figuren angetan werden, oder die sie einander antun, indem sie betulich über jeden noch so kleinen Schas einen fundierten Bericht abgeben. So ist auch die Sturzgeburt des Vaters zu verstehen, der 1930 anlässlich einer überlangen Bridge-Partie der Großmutter kopfüber in die Welt gestürzt ist. Sämtliche Themen des Romans kommen als Sturzgeburten auf die Welt, zwängen sich so in das bereits bisher Erzählte, weil sie es einfach nicht erwarten können, dass sie drankommen.
Zusammengehalten wird die Familie durch ihre Geschichten, die meist aus der Wiener Zeit stammen, ehe die Nazis zuschlugen. Nach der Vertreibung wird ein Sohn Fußballer in England, ein anderer Soldat in Burma und die Tochter löst sich irgendwo in Kanada in Luft auf.
Letztlich weiß man nicht immer genau, wer die Geschichtchen und Skurrilitäten erzählt und warum, offensichtlich sind diese Anekdoten alle ein Ablenkungsmanöver, um nicht über die schmerzhafte Familiengeschichte der Vertreibung reden zu müssen.
In diesem ironischen Kompott lassen sich auch diverse Plots ausmachen, die teilweise wie der Verschnitt einer Medienkampagne klingen. Ein Präsident des Schiverbandes wird als Kriegsverbrecher enttarnt und dadurch ebenfalls zu einer Anekdote.
Eva Menasses Bestseller Vienna erscheint zum idealen Zeitpunkt mitten unter Jubiläen. Den ganzen Tag lang sitzen Historiker am offenen Fernsehmikrophon und plaudern über Österreich, gleichzeitig feiern sich die Medien, dass sie Österreich so nett darstellen, alles ist im Festtagsrausch. So sind auch die Figuren des Romans echte Österreicher, die kauzig die Feiertags-Sau herauslassen und ein Vienna machen, was immer das auch sein mag.
Helmuth Schönauer

There are no comments on this title.

to post a comment.