Blind Usch Luhn

Quelle: www.rezensionen.at - Heidi Lexe

Die blinde Merle findet mit Hilfe neuer FreundInnen in ein selbstbestimmtes Leben zurück. (ab 11) (JE)

"Dialog im Dunkeln" nennt sich ein Kunstprojekt, das nicht-blinden Menschen die Erfahrung der Blindheit zu vermitteln versucht. Der Dialog zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Welterfahrungen steht auch im Mittelpunkt dieser in bewusst lockerem Ton gehaltenen, problemorientierten Erzählung: Die seit einigen Jahren blinde Merle lernt in den Sommerferien die lebenslustigen Geschwister Jonny und Undine kennen. Unverblümt holen die beiden das Mädchen aus der Isolation ihres überbehüteten Lebens. Plötzlich sind da (wieder) Musik, Menschen, Ausflüge ins Schwimmbad, erwachendes Interesse für das andere Geschlecht. Kein Wunder, dass Merles Eltern die neuen Entwicklungen im Leben der Tochter mit Skepsis beobachten - wird doch in kurzen Rückblicken am Beginn jedes Kapitels klar, mit wie viel Besorgnis und vor sich hergetragener Tapferkeit die beiden Merles scheinbare Unselbständigkeit ausgleichen wollen.
Mit Merles Veränderung wird aber nicht nur der Versuch sichtbar, sich aus der liebenden Umklammerung der Eltern zu lösen, sondern auch jene Verletzungen über den Verlust alter Freunde, die mit Merles Blindheit nicht umzugehen wissen. Usch Luhn entwickelt daraus eine vom Wunsch nach integrativer Erkenntnis getragene Erzählung, stilistisch deutlich an der Grenze zum Pathos, aber auch zur Plakativität angesiedelt. Breit einsetzbar ab 11 Jahren.