Abwärts in den Himmel ein Mädchen im Bann einer Sekte Anne-Grethe Dahms. Aus dem Dän. von Gabriele Haefs

Quelle: www.rezensionen.at - Franz Derdak

Psychologisch stringent und stilistisch ansprechend erzählt die Autorin die schicksalhafte Begegnung des Mädchens Gitte mit einer Sekte - von der Vorschulzeit bis in die Teenagerjahre hinein.

Unser Bild vom Zeitalter der Aufklärung ist vor allem vom Rationalismus bestimmt. Im Underground, oppositionell gegen Aufgeklärtheit und die kirchliche Orthodoxie gerichtet, entwickelte sich aber schon in der Tradition des Pietismus eine ausgeprägte Kultur der Selbstbeobachtung, eine Ausbildung einer differenzierten Sprache der Gefühle, eine Zuwendung zum Irrationalen. In diesem Geist - und ganz anders als Anti-Sekten-Propaganda-Schriften - schreibt die Dänin Anne-Grethe Dahms, Jahrgang 1947, das Thema an. Atmosphärisch ungemein dicht, diffizil, psychologisch stringent und doch luzid, erliest man die Entwicklung des Mädchens Gitte von der Vorschulzeit bis weit in die Teenagerjahre hinein. Dabei ist die spezielle religiöse Sondergruppe (nämlich die Zeugen Jehovas) letztlich nur bedeutsam in einem besonderen exemplarischen Sinn: als eines der wohl kontraproduktiven Modelle zur Bewältigung von Lebensangst, deren Propheten aktuell mit der nahenden Jahrtausendwende in der "einsamen Masse" (D. Riesman) nach Opfern fischen und schließlich gnadenlose Selbstgeißelung fordern, Selbst- resp. Nächstenliebe pervertierend.
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