Quelle: www.rezensionen.at - Gabriele Grunt

Umfangreiche Migrationserzählung durch die Vielfalt syrischer und deutscher Milieus. (DR)

Lutfi ist Migrant aus Leidenschaft. Schon sechs oder sieben Mal reiste er mit gefälschten Papieren in Deutschland ein, zuerst aus jugendlichem Entdeckerdrang und Abenteuerlust, dann weil der Flohmarkt in Frankfurt zu seiner Wahlheimat wurde, wie für eine Schwalbe ihr Nest, zu dem sie immer wieder zurückkehrt. Die eigentlich verzichtbare Rahmenhandlung lässt Lutfi als Gast auf einer Hochzeit in einem kleinen provinziellen Dorf in Lutfis Herkunftsland Syrien die detaillierte Geschichte seines Lebens erzählen.
Mit der Distanz eines Migranten, der überall ein wenig fremd ist, bewegt er sich durch ein vielfältiges Spektrum an Milieus und Persönlichkeiten in Syrien und Deutschland und veranschaulicht so, dass die Meinungen und Lebensstile innerhalb eines Staates unterschiedlicher sein können als zwischen den oft so weit auseinanderliegend geglaubten "Kulturkreisen". Ein wenig schade ist es allerdings um manche der bemerkenswerten Episoden, die in der ungeheuren Vielzahl an Personen und Schicksale untergehen und zugleich den Handlungsfluss bremsen. Ein sparsamerer Umgang mit den an sich so liebevoll gesammelten Lebensgeschichten hätte wahrscheinlich den Handlungsfluss beschleunigt und die bewährten Qualitäten von Schamis Erzählkunst erst so richtig zur Geltung kommen lassen.