˜Dieœ Identität Roman Milan Kundera. Aus dem Franz. von Uli Aumüller

Quelle: www.rezensionen.at - Maria Schmuckermair

Eine einfache Ehegeschichte voller weiser, bitterer Erkenntnisse. (DR)

Eine Ehefrau erklärt ihrem Mann den momentanen Missmut damit, dass die Männer sich nicht mehr nach ihr umdrehen. Daraufhin beginnt der Ehegatte, offenbar um ihr eine Freude zu bereiten, anonyme Verehrerbriefe zu schreiben. Sie verschweigt und versteckt diese Briefe vor ihm, lässt sich zunehmend von ihnen beeinflussen und irritieren. Der Boden unter der früher so harmonisch verlaufenden Ehe beginnt gehörig zu schwanken, erst recht, als die Frau merkt, dass ihr Mann das Versteck im Wäschekasten durchstöbert hat und etwas später erfährt, dass er der "Unbekannte" war, der ihr diese Schreiben gewidmet hat.
Aufregender und spannender als diese rasch erzählte äußere Handlung ist das, was sich auf psychologischer Ebene abspielt: Wie die vermeintlich abgeschlossene Vergangenheit einen immer wieder einholt, wie bloße Mutmaßungen über den Partner, den man in- und auswendig zu kennen glaubt, die Beziehung stören können, wie Zweifel über die eigene Identität zu Geheimnistuerei und seltsamen Rollenspielen führen können. - Es sind nur 160 Seiten, wenn auch von großer Dichte und Präzision, die zwar nicht das Bedürfnis nach einer aufregenden, opulenten Geschichte stillen, in denen jedoch lebenserfahrene Leser/innen die philosophische und psychologische Zwischentöne schätzen, voll auf ihre Rechnung kommen.