Geschichte der Islamischen Welt von 1900 bis zur Gegenwart Reinhard Schulze

Quelle: www.rezensionen.at - Karl Krendl

Eine überaus dicht, kenntnisreich und differenziert geschriebene Geschichte der islamischen Welt der letzten 120 Jahre. (GE)
Der anfangs euphorisch gefeierte "Arabische Frühling" hat die Situation der islamischen Welt nicht nur nicht positiv verändert, sondern in manchen Fällen sogar verschlechtert (Libyen, Syrien). Wer das etwas besser verstehen will, ist mit der Lektüre des vorliegenden Buches des Berner Islamwissenschaftlers Reinhard Schulze gut bedient. Der Autor beschreibt die komplexe Entwicklung der islamischen Welt ab der beginnenden Entkolonialisierung bis 2015 aus einer primär sozialgeschichtlichen Perspektive und stets im Kontext zur Moderne. Dabei entsprechen die Kapitel 1 bis 5 einer sehr gründlichen Überarbeitung einer bereits 1994 erschienenen Publikation ("Geschichte der Islamischen Welt im 20. Jahrhundert"), während die Kapitel 6 und 7 für den überaus ereignisreichen Zeitraum von 1990 bis 2015 vollständig neu verfasst wurden und ein Drittel der Ausführungen ausmachen.
Schulze buchstabiert überaus kenntnisreich die politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen der zahlreichen vom Islam geprägten Staaten über ein gutes Jahrhundert durch und macht damit deutlich, dass die gegenwärtige Situation nur aus dieser Geschichte verstehbar ist und die islamische Welt und ihre Gesellschaften sehr differenziert gesehen werden müssen. Der Band ist akribisch gearbeitet, sehr dicht und anspruchsvoll geschrieben sowie mit einem umfassenden Literaturverzeichnis (auch arabischsprachiger Literatur) und einem ausführlichen Register versehen.