Alles glitzert Véronique Ovaldé. Aus dem Franz. von Claudia Kalscheuer

Quelle: www.rezensionen.at - Uschi Pirker

Eine junge Frau versucht mit allen Mitteln aus der brutalen Welt ihrer arktischen Heimat zu fliehen. (DR)

Schon oft hat Nikko die Umstände ihrer Geburt wie ein Märchen erzählt bekommen: Plötzlich seien an einem einzigen Tag alle Frauen niedergekommen, aber nur Nikko habe überlebt. Körperlich zurückgeblieben und von schmächtiger Gestalt wächst Nikko in Koukdjuak, einer Insel am Polarkreis, auf. Das kleine Dorf, in dem sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester lebt, ist geprägt von Mythen und roher Gewalt. Die Frauen akzeptieren, dass sie von ihren Männern geschlagen und vergewaltigt werden. Seit Jahren gibt es eine Fabrik, zu der die Leute vom Festland fahren. Niemand weiß genau, was dort geschieht, obwohl die meisten vermuten, dass das plötzliche Babysterben mit dieser Fabrik zu tun hat.
Nikko wird aufgrund ihrer Behinderung nicht ernst genommen, was ihr den Vorteil einbringt, als Einzige nicht von ihrem Vater geschlagen zu werden. Heimlich entscheidet sie, die rosa Pillen, die regelmäßig vom Festland geschickt werden, um den Verfall ihrer Körper zu bremsen, nicht mehr zu nehmen. Sie möchte selbst bestimmen, über sich und über die Dauer ihres Lebens. Außerdem will sie auch herausfinden, was in der Fabrik geschieht. Ihr allergrößter Wunsch ist es, weg von dieser Insel zu kommen, weg von den eisig kalten Lebensbedingungen, der Brutalität und Ignoranz der Dorfbewohner, weg von den ständig trinkenden und schlagenden Männern.
Ein spannender Roman, der sehr betroffen macht. So wie nicht alles, was glänzt, Gold ist, ist "Alles was glitzert" kein funkelnder, heller Roman, sondern der Bericht einer ökologischen Tragödie. Trotzdem oder gerade deshalb: sehr empfehlenswert!