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Blau ist eine warme Farbe Julie Maroh. [Aus dem Franz. von Tanja Krämling. Bearb.: Delia Wüllner-Schulz]

By: Material type: TextTextLanguage: German Original language: French Publisher: Bielefeld Splitter 2013Edition: 1. AuflDescription: 155 S. überw. Ill. 25 cm, 500 gContent type:
  • unbewegtes Bild
Media type:
  • ohne Hilfsmittel zu benutzen
Carrier type:
  • Band
ISBN:
  • 9783868696950
Contained works:
  • Maroh, Julie 1985- ˜Leœ bleu est une couleur chaude dt
Subject(s): Additional physical formats: Online-Ausg.: Blau ist eine warme FarbeDDC classification:
  • 741.5 23sdnb
Online resources: Review: Quelle: www.rezensionen.at - Christina Ulm Annotation: Eine Liebesgeschichte wird mit unterschiedlicher Gewichtung in zwei Medien erzählt: Die Verfilmung setzt auf eine universale Love-Story, die Graphic Novel auf die Schwierigkeiten eines Coming-Outs. Rezension: Einen intimen Blick gewährt Julie Maroh mit ihrer Graphic Novel auf zwei Liebende, ihre Zärtlichkeit und Leidenschaft. Die unerfahrene Clementine und die reife, von queeren (Sub-)Kulturen geprägte Emma gehen beiderseits ein Risiko ein, als sie sich gegen alle Widrigkeiten füreinander entscheiden. Der Comic erzählt vom Wachsen, aber auch vom Leiden an dieser Liebe, die mitten hinein in die ohnehin heikle Adoleszenz schlägt. Zum ästhetischen Marker in der vorwiegend monochromen Gestaltung wird die titelgebende Farbe Blau, Emmas Haarfarbe und benannt nach den „blau getönten Jugendträumen“ in Clementines Tagebüchern. In der retrospektiven Lektüre eben jener Tagebücher arbeitet Emma ihre Beziehung auf. Das Blau zeigt auf der Bildebene einerseits die zwei verschiedenen Erzählzeiten und Reflexionsebenen an, anderseits das jeweilige Subjekt der Liebe, vor allem in den Szenen körperlicher Liebe: „Blau ist eine warme Farbe geworden.“ Julie Maroh gelingt es in ihrer ganz eigenen, durchaus gewöhnungsbedürftigen Ästhetik, die zwischenmenschliche Spannung bildlich auszudrücken. Über ganze Seiten hinweg sind es ausschließlich Bilder, und in ihnen nur Gestik und Mimik, die von Leidenschaft erzählen. Dieses Debüt ist nicht automatisch autobiographisch, und doch weiß die junge lesbische Künstlerin, wovon sie schreibt. Eben jenes Versäumnis wirft sie dem Regisseur der Verfilmung aus dem Jahr 2013, Abdellatif Kechiche, vor: Er verfolge eine gänzlich andere ästhetische Position und lasse den Film in der heterosexuellen Vorstellung von lesbischem Sex pornographisch werden. Eine Anklage, die angesichts der Stimmen der beiden Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos gerechtfertigt scheint, die sich nach der Veröffentlichung und dem Gewinn der Goldene Palme äußerten, sie hätten sich zutiefst erniedrigt gefühlt. Und tatsächlich: Über weite Strecken scheint der Film voyeuristisch, zeigt eine ungeheure Obsession gegenüber seiner als Lolita inszenierten Hauptdarstellerin und betont so die Altersdiskrepanz zu der coolen, queeren Klischees folgenden Emma. Auch aus diesem Ungleichgewicht heraus wird der Film unnötig explizit. Schönheit kann man ihm (vor allem im zweiten Kapitel, in dem beide gereift scheinen) dennoch nicht absprechen und auch nicht die absolute – dem Schauspiel zu verdankende – Glaubwürdigkeit. Im Gegensatz zu Julie Marohs mehrstimmigem Comic setzt Abdellatif Kechiche keinerlei formale Brüche. Die größte Diskrepanz zur Vorlage ergibt sich aber aus einer anderen Verschiebung: Homosexualität ist in der Verfilmung keine Frage der Existenz, die einem Coming-Out in einem heteronormativen, bisweilen homophoben Umfeld eigentlich immer eingeschrieben ist. Die lesbische Beziehung wird nur über die beiden Frauen erzählt, Szenen aus dem Umfeld – wie etwa die Konfrontation mit Clementines Eltern, die im Comic alles erschüttert („wir werden nie wieder dieselben sein“) – hat der Regisseur nicht übernommen. Im Comic scheitert Clementine letztlich an ihrer Homosexualität, an ihrer Liebe zu Emma. Im Film bleibt eine Trennung, wie sie auch zwischen irgendeinem anderen beliebigen Paar hätte passieren können. Das macht den Film universal, die Graphic Novel jedoch substantiell.
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Bücher Bücher Schulbibliothek BSZ Mistelbach ZSB Sachliteratur KB.CC MAR (Browse shelf(Opens below)) Available 10122570

Quelle: www.rezensionen.at - Christina Ulm

Annotation: Eine Liebesgeschichte wird mit unterschiedlicher Gewichtung in zwei Medien erzählt: Die Verfilmung setzt auf eine universale Love-Story, die Graphic Novel auf die Schwierigkeiten eines Coming-Outs.
Rezension: Einen intimen Blick gewährt Julie Maroh mit ihrer Graphic Novel auf zwei Liebende, ihre Zärtlichkeit und Leidenschaft. Die unerfahrene Clementine und die reife, von queeren (Sub-)Kulturen geprägte Emma gehen beiderseits ein Risiko ein, als sie sich gegen alle Widrigkeiten füreinander entscheiden. Der Comic erzählt vom Wachsen, aber auch vom Leiden an dieser Liebe, die mitten hinein in die ohnehin heikle Adoleszenz schlägt. Zum ästhetischen Marker in der vorwiegend monochromen Gestaltung wird die titelgebende Farbe Blau, Emmas Haarfarbe und benannt nach den „blau getönten Jugendträumen“ in Clementines Tagebüchern. In der retrospektiven Lektüre eben jener Tagebücher arbeitet Emma ihre Beziehung auf. Das Blau zeigt auf der Bildebene einerseits die zwei verschiedenen Erzählzeiten und Reflexionsebenen an, anderseits das jeweilige Subjekt der Liebe, vor allem in den Szenen körperlicher Liebe: „Blau ist eine warme Farbe geworden.“ Julie Maroh gelingt es in ihrer ganz eigenen, durchaus gewöhnungsbedürftigen Ästhetik, die zwischenmenschliche Spannung bildlich auszudrücken. Über ganze Seiten hinweg sind es ausschließlich Bilder, und in ihnen nur Gestik und Mimik, die von Leidenschaft erzählen.
Dieses Debüt ist nicht automatisch autobiographisch, und doch weiß die junge lesbische Künstlerin, wovon sie schreibt. Eben jenes Versäumnis wirft sie dem Regisseur der Verfilmung aus dem Jahr 2013, Abdellatif Kechiche, vor: Er verfolge eine gänzlich andere ästhetische Position und lasse den Film in der heterosexuellen Vorstellung von lesbischem Sex pornographisch werden. Eine Anklage, die angesichts der Stimmen der beiden Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos gerechtfertigt scheint, die sich nach der Veröffentlichung und dem Gewinn der Goldene Palme äußerten, sie hätten sich zutiefst erniedrigt gefühlt.
Und tatsächlich: Über weite Strecken scheint der Film voyeuristisch, zeigt eine ungeheure Obsession gegenüber seiner als Lolita inszenierten Hauptdarstellerin und betont so die Altersdiskrepanz zu der coolen, queeren Klischees folgenden Emma. Auch aus diesem Ungleichgewicht heraus wird der Film unnötig explizit. Schönheit kann man ihm (vor allem im zweiten Kapitel, in dem beide gereift scheinen) dennoch nicht absprechen und auch nicht die absolute – dem Schauspiel zu verdankende – Glaubwürdigkeit.
Im Gegensatz zu Julie Marohs mehrstimmigem Comic setzt Abdellatif Kechiche keinerlei formale Brüche. Die größte Diskrepanz zur Vorlage ergibt sich aber aus einer anderen Verschiebung: Homosexualität ist in der Verfilmung keine Frage der Existenz, die einem Coming-Out in einem heteronormativen, bisweilen homophoben Umfeld eigentlich immer eingeschrieben ist. Die lesbische Beziehung wird nur über die beiden Frauen erzählt, Szenen aus dem Umfeld – wie etwa die Konfrontation mit Clementines Eltern, die im Comic alles erschüttert („wir werden nie wieder dieselben sein“) – hat der Regisseur nicht übernommen. Im Comic scheitert Clementine letztlich an ihrer Homosexualität, an ihrer Liebe zu Emma. Im Film bleibt eine Trennung, wie sie auch zwischen irgendeinem anderen beliebigen Paar hätte passieren können. Das macht den Film universal, die Graphic Novel jedoch substantiell.

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