Wiener Sängerknaben Lukas Beck ; Tina Breckwoldt

Quelle: www.rezensionen.at - Beate Hennenberg

Lesenswerte, lebensechte Darstellung der einerseits hoch spezialisierten, andererseits normalen Welt der Wiener Sängerknaben. (KM)

Alltag für einen Sängerknaben: Schul-Unterricht zwischen 7.50 und 13 Uhr; Mittagessen, nach einer Stunde Freizeit täglich zwei Stunden Chorprobe, dazu Soloproben und Stimmbildung. Nach der Jause sind eineinhalb Stunden für die Hausaufgaben reserviert; bis 21 Uhr darf getobt werden. Sonntags beginnt das Einsingen in der Hofburgkapelle um 8.15; schon Franz Schubert sang an gleicher Stelle: Das Alltagsleben der Wiener Sängerknaben klingt spannend, ist aber nur mit Disziplin und einer gehörigen Portion Liebe zur Musik durchzustehen. Dass die Burschen mit ihren neun, zehn, elf oder zwölf Jahren bereits Arnold Schwarzenegger in Los Angeles trafen, ist für sie nichts Spektakuläres. Genau so gerne wie andere hören sie andererseits gern Ö3, sind Computerfreaks, spielen Basketball, gehen mit Vergnügen Rollerskaten.
Der vorliegende Bildband zeigt die facetten- wie auch arbeitsreiche Welt der derzeit 96 Wiener Sängerknaben, die in vier Konzertchöre, den Haydn-, den Mozart-, den Schubert- und den Brucknerchor, eingeteilt sind. Zwei davon sind pro Semester regelmäßig auf Tournee. Noch heute beginnt jedes der Konzerte mit geistlicher Musik. Aus der Vielzahl von Messen und Motetten entstand ein spezifischer Klang, der von Spiritualität geprägt ist. Dies ist wohl das eigentliche Geheimnis. Nun, im 502. Jahr ihres Bestehens, blicken die Wiener Sängerknaben jedoch auch in die Zukunft und stellen sich neuen Herausforderungen, so nahmen sie 1999 den Soundtrack von Roland Emmerichs Film "Der dreizehnte Stock" auf. Dabei sollten sie jedoch ihre Wurzeln nie verlieren.
Die Autorin Tina Breckwoldt, Pressesprecherin des Chores, wuchs unter anderem in Amerika auf; daher hat sie einen guten Blick von außen. Fotograf Lukas Beck hat die Knaben eine zeitlang rund um den Globus begleitet. - Sind die Knaben nun etwas Besonderes? Es ist vielleicht die Tatsache, die auch bei den beiden anderen weltberühmten kirchlichen Knabenchören, dem Dresdner Kreuzchor und dem Thomanerchor Leipzig, zu beobachten ist: Selbst als Erwachsene besitzen die Ex-Chorsänger noch immer ein sehr starkes Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Chor, der in gewisser Weise ihre zweite Familie darstellt. Und das macht stark.