TY - BOOK AU - Trojanow,Ilija TI - ˜Derœ überflüssige Mensch T2 - Unruhe bewahren SN - 9783701716135 U1 - 128 22/ger PY - 2013/// CY - St. Pölten, Salzburg, Wien PB - Residenz-Verl. KW - Menschenwürde KW - gnd KW - Spätkapitalismus KW - (Produktform)Book KW - (VLB-WN)1118: Hardcover, Softcover / Belletristik/Essays, Feuillton, Literaturkritik, Interviews KW - (BISAC Subject Heading)LIT000000 KW - Weltensammler; Eistau; Neoliberalismus; Reise; Weltenbummler; Kapitalismus; Spätkapitalismus; Erfolg; nützlich; aussortieren; occupy; Nachhaltigkeit; Finanzkrise; Wandel; Bankster; Banken; human ressource; Griechenland; Wirtschaftskrise; reuelos; Arbeitslosikeit; Verschuldung; Dinev; Bieri N1 - Literaturangaben N2 - Quelle: www.rezensionen.at - Das Schlimmste, was man einem Menschen zurufen kann, ist die Existenz vernichtende Fügung "Du bist überflüssig". Dahinter steckt nämlich die Dichotomie, dass es wichtige und überflüssige Menschen gibt. Ilija Trojanow stellt in seiner Vorlesung, die er im März 2013 im Kulturzentrum bei den Minoriten in Graz gehalten hat, durchaus kaputt-machende Sätze vor und beschreibt mit ihnen die Welt. Als Inbegriff für überflüssige Menschen nimmt der Autor das "Floß der Medusa", eine mittlerweile als Ikone eingesetzte Beschreibung dafür, dass manche Menschen ersäuft werden müssen, damit andere im Reichtum weiterleben können. "Wer nichts produziert und nichts konsumiert, ist überflüssig." Diese These macht aus Hartz-Vier-Beziehern Geächtete und Vogelfreie, über die man an jeder Straßenecke herfallen kann. Aber nicht nur innerhalb einer Gesellschaft gibt es wichtige und überflüssige Menschen, auch die Bewohner eines Landes können insgesamt überflüssig werden, wie etwa die Menschen in Bangladesch, die einfach zu dicht auf der Welkt sind. Dabei sind Die Niederlande und England genauso dicht besiedelt, niemand würde deren Bewohner aber als zu viele und überflüssig bezeichnen. "Die Schattenseiten des Überflusses ist der überflüssige Mensch." (50) Der Kapitalismus hat es so an sich, dass er zuerst die Ressourcen, dann das Geld und schließlich die Menschen selbst in zwei Haufen trennt. Dabei kann die gleiche Handbewegung gut oder böse sein. Wenn ein Vater seinem behinderten Kind einen Kaffee kocht, ist das wertlose Arbeit, wenn eine Sekretärin ihrem Chef eine Kaffeekapsel einschiebt, handelt es sich um hochqualifizierte Arbeit. Diese Welt funktioniert so klaglos, weil die Menschen untereinander getrennt und in Schach gehalten werden. "Der Isolierte ist ein bereitwilliges Opfer der Verhältnisse." Neben den Beschreibungen dieser Zustände, die Voraussetzung für eine Veränderung sind, sollte man bei einer Verbesserung der Lage unbedingt drei Gesetze beachten. Gordon Moore - die Rechenkapazität eines Computers verdoppelt sich alle 18 Monate Norbert Wiener - in der Endphase stellen Maschinen ihrerseits Maschinen her Hans Moravec - es ist schwieriger, Maschinen mit sensorisch-motorischen Fähigkeiten auszustatten als mit hoch entwickelter Intelligenz Von diesen Gesetzmäßigkeiten ist auszugehen, wenn man den überflüssigen Menschen wieder in einem sinnvollen Gesamtkonzept unterbringen will. Flapsig fügt der Autor eine Erkenntnis hinzu: "Die Zukunft wird grundsätzlich nur auf Englisch gespielt." (69) Als Auswege schlägt Ilija Trojanow Haltungen vor, die naturgemäß vorerst einmal nur Worte sind. "Wir müssen die noch existierenden Allmenden mit Zähnen und Klauen verteidigen." "Es gibt keine Alternative zu organisiertem, gemeinsamem Handeln." "Ohne Empathie ist die Realität des überflüssigen Menschen nicht zu bekämpfen." Die Serie, in der Ilija Trojanows Buch erscheint, heißt übrigens "Unruhe bewahren", das ist vielleicht auch ein Konzept gegen den überflüssigen Menschen. Helmuth Schönauer UR - https://d-nb.info/1033782424/04 UR - http://deposit.dnb.de/cgi-bin/dokserv?id=4302531&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm ER -