Chaos im Kopf Antonia - vierzehn-dreiviertel
Michèle Minelli
- 1. Auflage
- 218 Seiten 22 cm
Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Cornelia Stahl
Wenn Kinder Elternrollen übernehmen. (ab 13) (JE)
Antonia ist fast fünfzehn und lebt mit ihren beiden Schwestern, der Mutter Angi und deren wechselnden Liebhabern unter einem Dach. Für Angi sind Bildungsinstitutionen überflüssig und schwer vereinbar mit ihrem Freiheitsdrang. Sie ist perfekt darin, sich ihr Leben zurechtzulügen, doch Antonia leidet unter ihrer narzisstischen Mutter und beschwert sich darüber bei ihrer besten Freundin Emmi. Emmi wiederum beneidet sie um den freizügigen Umgang in der Familie. In authentischen Monologen nähern wir uns dem Innenleben Antonias an: "Ich bin im komplett falschen Film! Ich klebe auf einer Leinwand, auf die ich nicht gehöre." (S. 31) Die Mutter bemerkt die Maske ihrer Tochter nicht und auch nicht ihr Unwohlsein.
Der Roman besticht durch präzise Figurenzeichnung und eine treffsichere Sprache. Durch überzeugende innere Monologe kann man sich sehr gut in Antonias Lage hineinversetzen und ihre Gefühle nachvollziehen: Eine Jugendliche, die als kleine Erwachsene agiert, sich verantwortlich fühlt für die Familie, da die eigene Mutter außerstande ist, ihre Rolle wahrzunehmen.
Minelli, geboren 1968 in Zürich, ist Autorin und Filmregisseurin. Ihren Figuren fühlt man sich nahe. Kein Wohlfühlroman! Sehr dicht am Zeitgeist angesiedelt und allen Bibliotheken empfohlen.