Das ist ein tolles Lebensprogramm: abtauchen und knapp unter der Wasseroberfläche in die Freiheit schnorcheln! Nora lebt knapp an der Oberfläche zur Geschäftswelt. Mit kleinen graphischen Aufträgen hält sie sich gerade noch über Wasser, aber an manchen Tagen reicht das Geld hinten und vorne nicht, und die Wellen schwappen über ihrem Kopf zusammen. So ist es kein Wunder, dass sie sich als Donauweibchen fühlt, mit aller Lebenskraft des Wassers ausgestattet. Die üblichen Überlebensrituale sind anstrengend und gehen oft ungünstig aus. Ich schwitze öffentlich, heißt es lapidar, als ein Vorstellungsgespräch mehr über die Schweißdrüsen abgewickelt wird als über intellektuelle Kompetenzen. Bei einem Empfang taucht eine Doppelgängerin auf, zumindest was die Kleidung betrifft. Nora zieht sich immer wieder in sich zusammen und horcht auf das Karma, das verlässlich die wichtigsten Schritte auf der To-do-Liste ausspricht. Zum einen gibt es eine leise Freundschaft mit Seb, aber für den vollen Namen Sebastian reicht es nicht. Zum anderen bahnt sich ein im Internet geplantes Date mit Frank an, das vielleicht das Leben verändern könnte. Nora geht die Sexualität meist über die Oberfläche an, da genügt zwischendurch die Berührung der Brust einer Kollegin oder ein kurzer Besuch im Zimmer eines Kollegen. Vielleicht genügt es, jemanden einfach schlafen zu sehen. Mit einem fulminanten Fesselspiel freilich kommt die Erotik dorthin, wo sie zu Hause ist, in der schmerzhaften Fesselung und im Geschäft. "Die primären Geschlechtsorgane flutschen, die sekundären sind versteift und aufgerichtet." (108) Nora fesselt abschließend ihren Date-Mann und macht ihn erotisch unwillig, zu guter Letzt klaut sie ihm alles Geld, das sie finden kann, und verschwindet nach Portugal. Hier, am Ende der Welt, schnorchelt sich die Heldin frei, die Touristen sind schon verschwunden, die Wellen schlagen über dem Karma zusammen. "Das Ende der Welt ist, was ich will." (121) Mieze Medusa erzählt frech und flott und schickt ihre Heldin volles Rohr in einen ungewissen Alltag. Die Heldin kämpft sich tapfer durch die amorphe Arbeitswelt, greift augenzwinkernd auf das eigene Karma zurück und schnorchelt sich tatsächlich frei. "Mein Alltag ist um eine Routine reicher." (143) heißt es gegen Ende des Buches. Der Roman gleicht am ehesten einem anarchistischen Schelminnen-Roman, die blöde Wirklichkeit lässt sich besiegen, wenn man untertaucht und die Fakten achselzuckend auf nasser Haut abgleiten lässt. Helmuth Schönauer
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Jugendliteratur
(VLB-FS)Mitterbacher, Doris (VLB-FS)Medusa Roman (VLB-PF)BA: Buch (VLB-WN)1110: HC/Belletristik/Erzählende Literatur (BISAC Subject Heading)FIC044000 Slam Poetry Frauen Slammer Jungbleiben Jungsein