˜Dieœ Stadt der wilden Götter
Isabel Allende. Aus dem Span. von Svenja Becker
- 352 S. 22 cm
Lizenz des Suhrkamp-Verl., Frankfurt am Main
Quelle: www.rezensionen.at - Ilona Einwohlt
Annotation: Abenteuerroman mit unerträglichen Plattitüden. Rezension: In Isabel Allendes neuem Roman geht es um ein gefährliches Dschungelabenteuer und wie es sich für ein vermeintlich gutes Buch gehört, ist in "Die Stadt der wilden Götter" für alle Leser und Lesarten was dabei. Der - laut Verlagswording - "all ages-Roman" verfügt über Identifikationsfiguren, Humor, Abenteuer und phantastische Elemente, die sich auf unterhaltsame Weise mischen und einen spannenden Abenteuerroman versprechen. Insofern scheint es durchaus berechtigt, dass "Die Stadt der wilden Götter" gleichzeitig in Allendes Hausverlag Suhrkamp und bei Hanser im Jugendbuch erscheint. Wir begleiten also den pubertierenden Großstadtjungen Alex, der im tiefen Amazonas-Dschungel auf die Verwirrung der Gefühle in Gestalt der honigfarbenen Nadja trifft und am Ende des Abenteuers vom Kind zum Mann gereift ist. Nadja wiederum ist die edle Wilde, eine Ntscho Chi des Amazonas, die die Faszination des Dschungels verkörpert und die Sprache der Eingeborenen spricht. Dank ihrer weiblichen (!) Intuition gelingt es den beiden, den Stamm der Nebelmenschen vor den Zugriffen der bösen "nahab", der Zivilisation, zu bewahren. Im letzten Augenblick können sie die wilden Götter, so eine Art gelangweilte Riesenfaultiere, davon überzeugen, in ihrer heiligen Stadt zu bleiben und die Menschheit mit ihren Überfällen und ihrem Gestank zu verschonen. Außerdem finden sich in "Die Stadt der wilden Götter" diverse politische und historische Elemente sowie eine Reihe erwachsenes Personal - eben für die "großen" Leser: die hart-aber-herzliche Reisereporterin Kate Cold, den selbstverliebten Forscher Leblanc, einige zwielichtige Indios und Kommandantes sowie eine bildhübsche und verliebte Ärztin, die für einige Überraschung sorgt. Natürlich bedient Allende weitere literarische Latino-Klischees: Da ist zunächst die große Faszination und Bedrohung des "selva", des amazonischen Dschungels, den alle hautnah erleben, der hier aber nur als Kulisse dient und keine tragende Rolle hat. Der "realismo mágico" wird in wenigen Szenen gestreift (z.B. wenn Alex seine Initiations-Prüfung besteht und nach seinem Schatz sucht, begleiten wir ihn auf eine magische Reise in die Höhlen des Dschungels), ansonsten bleiben Realität und Phantasie klar getrennt. Mythologie bzw. "nahualismo" sind auch vertreten, weil Alex und Nadia durch ihre Totemtiere zur inneren Wahrheit geführt werden oder auch nicht. Doch wirkt all das aufgesetzt, konstruiert und nicht inspiriert. Alles, was eine Erzählung hätte faszinierend machen und den Leser für sich einnehmen hätte können, bleibt an der Oberfläche. Was also so viel versprechend daher kommt, entpuppt sich mal wieder als trauriges Beispiel dafür, dass gerade renommierte spanische bzw. hispanoamerikanische Autoren ihren typischen Sprachstil und ihre Fabulierkunst schlicht vergessen, wenn sie für Kinder und Jugendliche schreiben. Das gilt für eine Rosa Montero wie für einen Javier Marías - und eben auch für Isabel Allende. Nicht anders ist es zu erklären, dass die Autorin in unerträgliche Plattitüden verfällt, wenn sie ihre Figuren beschreibt und von der Faszination des Dschungels erzählt. Die Dialoge sind platt und inspirationslos; es gibt wenig fesselnde Momente. Das vorliegende Buch ist mal wieder ein Beweis - und ein Trost für alle Büchermacher!!! - dass man Bestseller nicht planen kann. Man merkt die Absicht und ist verstimmt, denn hier wurden vorsätzlich Details verbaut und derart offensichtlich Plot und Protagonisten auf Erfolg programmiert, dass man der Autorin unmöglich ihre Intuition und Geschichtenerzählerei abnehmen mag. Da nützt auch nicht das Gerücht um den Vergleich mit Harry Potter, wenngleich hier ebenfalls Folgebände geplant sind. So ein Quatsch.
9783446201880 Pp. : EUR 16.90 3446201882 Pp. : EUR 16.90