Houellebecq, Michel 1958-

Unterwerfung Roman Michel Houellebecq. Aus dem Franz. von Norma Cassau und Bernd Wilczek - 1. Aufl. - 270 S. 22 cm

Quelle: www.rezensionen.at - Markus Fritz

Nach den Terroranschlägen in Paris zu Beginn des Jahres war der neue Roman des belgischen Autors zu Recht in aller Munde. Die Geschichte um den Literaturprofessor und Ich-Erzähler Francois spielt im Jahr 2022 kurz vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Rückblickend schaut der Protagonist, für den Rauchen und Trinken ebenso zum Leben gehören wie käuflicher Sex auf die Entwicklung des Islam im letzten Jahrzehnt zurück. Geistreich und nüchtern analysierend sinniert der Erzähler über politische, literarische und religiös-philosophische Themen. Und dabei läuft es einem als Leser kalt über den Rücken, angesichts der Tatsache, dass in knapp zehn Jahren der Islam die Herrschaft über das französische Kultur- und Bildungssystem übernommen haben wird. Eine projizierte Gesellschaftsanalyse, wie man sie selten findet, mit dem für den Autor typisch lässig sexistischen Ton. Islamfeindlich, wie viele geschrieben haben, ist der Roman aber nicht.
Der neue Roman des französischen Skandalautors hat schon vor seinem Erscheinen für großes Aufsehen gesorgt. "Unterwerfung" ist in Frankreich am Tag der Attentate auf Charlie Hebdo erschienen. Die politische Rahmenhandlung sieht wie folgt aus: Der Roman spielt im Jahr 2022. In Frankreich hat bei der Stichwahl um das Präsidentenamt der Kandidat der Moslembrüder gewonnen. Frankreich wird also ein islamischer Staat. Die Moslembrüder sind eher gemäßigt. Aber natürlich gibt es im alltäglichen Leben große Veränderungen: die Frauen verschwinden aus dem öffentlichen Leben, das Problem der Arbeitslosigkeit löst sich mit einem Schlag, da die Frauen zu Hause bei der Familie bleiben. Die Familie wird staatlich gefördert. Die Kriminalität verschwindet fast gänzlich.
Erzählt wird aus der Perspektive eines für Hoeullebecq typischen Helden: Francois ist über 40, ein Intellektueller, Professor für Literatur an der Uni, Spezialist für Literatur des Dekadentismus, er lebt allein, nimmt sich jedes Jahr eine junge Studentin als Geliebte, ernährt sich von Fertiggerichten und ist ziemlich desillusioniert. Als die Moslems an die Macht kommen, verliert er seine Stelle an der Uni, aber er bekommt eine üppige Pension. Zum ersten Mal ist er ohne Frau.
Dann bekommt er ganz überraschend den Auftrag, für die Bibliothek der Plejaden eine Ausgabe eines dekadenten Dichters des 19. Jahrhunderts vorzubereiten. Prof. Redinger von der Sorbonne, die inzwischen zur islamischen Universität mutiert ist und von den Saudis finanziert wird, gibt ihm den Auftrag. Redinger ist zum Islam konvertiert. Und er bietet ihm auch noch eine Stelle an der Uni an. Francois überlegt sich, ob er das Angebot annehmen soll, er malt sich aus, wieder an der Uni zu arbeiten, mehrere Ehefrauen haben zu können. Ob er annimmt und konvertiert, bleibt offen, der letzte Teil des Romans ist im Konjunktiv geschrieben.
"Unterwerfung" ist ein eher mittelmäßiger Roman, aber er wirft wichtige Fragen auf, in denen es um Werte geht: Für welche Werte steht unsere westliche Gesellschaft und für welche Werte steht eine islamische Gesellschaft?

9783832197957 Pp. : EUR 22.99 (DE), EUR 23.70 (AT), sfr 32.90 (freier Pr.) 3832197958

9783832197957

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