Missglückte literarische Auseinandersetzung mit dem Nazi-Zuchtprogramm "Lebensborn" und Arisierungen. (DR)
Karl Kühn ist ein Scheusal. Der Industriepatriarch treibt während des Zweiten Weltkriegs beim Nazi-Zuchtprogramm "Lebensborn" sein Unwesen und vergewaltigt dabei ein tschechisches Mädchen. Nach dem Krieg ist er schnell wieder obenauf. Die von Kühn schikanierte Ehefrau sieht im Selbstmord den letzten Ausweg. Während Kühn ein riesiges Vermögen anhäuft, missbraucht er die Tochter jahrelang sexuell. Nun harrt er, 99 Jahre alt geworden, in einem arisierten Jagdschloss im Salzkammergut auf sein Abtreten von der Bühne des Lebens. Davor möchte er allerdings noch die für August 1999 berechnete Sonnenfinsternis miterleben. Am besagten Tag finden sich nicht nur Kühns alte Spießgesellen aus dem Nazidunstkreis, sondern seine beiden Enkelkinder und ein erfolgreicher Arzt ein. Das große Finale gestaltet sich dann aber anders, als es der greise Großindustrielle und seine Besucher geplant haben. Den LeserInnen bietet dieses reißerisch angelegte Buch wenig. Die Figuren sind klischeehaft gezeichnet. Literarisch Interessierte werden es wegen seiner erzählerischen und sprachlichen Anspruchslosigkeit bald naserümpfend aus der Hand legen. Wer Spannung und Nervenkitzel sucht, kommt in dieser langweiligen Lebensdarstellung aber auch nicht auf seine Rechnung. Als literarische Auseinandersetzung mit der Nazizeit fehlt dem Buch der nötige Tiefgang. Als journalistische Darstellung kann man es mangels nachprüfbarer Namen und Daten jedoch auch nicht durchgehen lassen. Insgesamt ein kaum zu empfehlendes Werk.