Metaphysik der Röhren Roman Amélie Nothomb. Aus dem Franz. von Wolfgang Krege

Quelle: www.rezensionen.at - Fritz Popp

Roman über das seltsame Paradies der frühen Kindheit. (DR)

So nüchtern und abstrakt der Titel des Buches klingt, so erfrischend, anschaulich, witzig, unterhaltsam und auch berührend ist es. Geschrieben ist es quasi aus der Position eines Kindes. Es umfasst seine ersten drei Lebensjahre, wobei es die ersten zwei in völliger Apathie verbringt, eben wie eine "Röhre", die gefüttert wird. Die Eltern, belgische Diplomaten in Japan, sind der Meinung, sie hätten eine Art Gemüse als drittes Kind. Als sie sich daran bereits gewöhnt haben, mutiert es die nächsten 6 Monate zu einem Schreikind, das erst durch den Trick einer klugen Tante in ein ganz normales und intelligentes Kind verwandelt werden kann. Die nächsten Monate bis zum dritten Geburtstag, der zur Vertreibung aus dem selbsterdachten "Paradies" führt, verblüfft das Kind durch ungewöhnliche Fähigkeiten. Nothomb erzählt die Geschichte der "Röhre" aus der Perspektive eines unglaublich klugen Kindes (die "Röhre" hält sich zeitweise auch für Gott) mit viel Esprit, Leichtigkeit und einem genauen Blick auf die japanische Umwelt (über Japan erfährt man so nebenbei einiges Interessantes). Aus diesem Blickwinkel von unten (vergleichbar mit Oskar Matzerath in Günther Grass' Blechtrommeln) stellen sich Fragen und Probleme anders, aber auch die Antworten fallen anders und verblüffender aus. - Sehr gerne empfohlen für literarische Leser/innen mit einem Sensorium für Witz im Sinne von Esprit.