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520 1 _aQuelle: www.rezensionen.at - Helmut Sturm Eine starke Frau Der an der Grenze zwischen Salzburg und Oberösterreich in St. Pantaleon lebende Ludwig Laher ist ein Autor, der in seinen Erzählungen nicht so sehr auf Erfindungen der Phantasie setzt, sondern auf gediegene Recherche. Das gilt für seine Trilogie über marginalisierte Künstlerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts ("Selbstakt vor Staffelei" über den Maler Janssen; "Wolfgang Amadeus Junior: Mozart Sohn sein"; "Aufgeklappt" über Ferdinand Sauter) wie für sein erfolgreichstes Buch, "Herzfleischentartung", über das Arbeitserziehungs- und Anhaltelager in Weyer. Dieses Lager wurde bis 1941 als "Zigeuneranhaltelager" geführt. Die letzten 301 festgehaltenen Sinti und Roma hat man ins Zigeunerghetto Lodz gebracht, von wo keines der Opfer zurückgekehrt ist. Das Schicksal der Sinti und Roma hat Laher seit der Arbeit am Roman "Herzfleischentartung" immer wieder beschäftigt. In "Und nehmen was kommt" schildert der Autor das von Armut, Gewalt und Ausbeutung geprägte Leben Monikas, einer jungen Frau aus einer ostslowakischen Romni-Familie. Wieder wird die Geschichte von einem engagierten Erzähler vorgetragen, der versucht einem Menschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. "Die Hütten heißen Häuser, vier mal vier Meter im Schnitt, sie stehen auf Lehmgrund, das ist der Fußboden." - gekonnt und ohne falsche Romantik zeichnet Ludwig Laher die Welt Monikas. "Die uralten Clanbeziehungen waren gesprengt, die traditionellen Hierarchien und Autoritäten zerfallen und die Patriarchen nutzlos geworden." Das soziale Gefüge der Schwarzen, wie die Roma in der Slowakei und Tschechien genannt werden, ist zerstört. Ein wirklicher Halt für Monika und ihre Geschwister ist nur die Großmutter. Ludwig Laher ist ein Autor, der seine Leser informieren will, durch und durch Humanist rechnet er damit, so die Welt verändern zu können. So erfährt man aus diesem Roman tatsächlich sehr viel über das Leben der Roma, ihre Geschichte des Unterdrückt- und Ausgegrenzt-Werdens. Monika kommt in ein Heim, vermisst die Mutter, die Großmutter, lernt die Sprache der Weißen, der Tschechen. " Einige der Mädchen hier haben Unvorstellbares hinter sich. Die Elfjährige in ihrem Zimmer zum Beispiel [...] ist von ihrem eigenen Vater mit zehn an einen Zuhälter verkauft und von der Polizei auf der Straße bei der Anbahnung einschlägiger Geschäftstätigkeit aufgegriffen worden." Was sie hier lernt ist Wissen, mit dem sie nichts anfangen kann. Niemand lehrt sie das Rüstzeug, das sie bräuchte, um nach dem Heim einen Anschluss an das bürgerliche Leben zu finden. So wird sie Opfer auch der eigenen Leute. Tagtäglich muss sie erleben "wie berechnend, verschlagen, menschenverachtend, eiskalt sich Roma ihr gegenüber verhalten". Es folgt eine Tortur durch Zwangsprostitution, Drogen, Einsamkeit. Ludwig Laher zeigt am Beispiel dieser Frau einen mitteleuropäischen Zustand, der bestenfalls in (manchmal voyeuristischen) Reportagen öffentlich wahrgenommen wird. Seine Eindringlichkeit und Bedeutung gewinnt dieses Buch gerade daraus, dass es dem Autor gelingt so hinzuschauen, dass man sich dafür nicht schämen muss, sondern daraus Achtung und Würde für die Opfer lernt.
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