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_bMenschenrechte und Schurkenstaaten
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520 1 _aQuelle: www.rezensionen.at - Hans Holzinger Noam Chomsky, Sprachtheoretiker, Professor am Massachusetts Institute of Technology und u.a. Mitglied der American Academy of Art and Sciences, zählt zu den schärfsten Kritikern einer in seinen Augen verlogenen und selbstgerechten Rolle seines Landes als globaler Hüter von Menschenrechten und Demokratie. Die New York Times würdigte ihn als den "bedeutendsten lebenden Intellektuellen" - und beklagte freilich zugleich seine "radikale Haltung gegenüber der US-Außenpolitik". Die Zeit bezeichnete Chomsky anlässlich seines 2000 auf deutsch erschienenen Buches "Profit over People. Neoliberalismus und Globale Weltordnung" - eine alarmierende und vernichtende Kritik an der "Logik des freien Marktes" - als "einzigen Intellektuellen von Rang, der für die eigentlich antiintellektuelle Bewegung der Globalisierungsgegner (freilich ein zweifelhafter Befund) überhaupt eine Rolle spielt." In seinem neuen, im September 2001 - also zeitgleich mit den Terroranschlägen in New York und Washington - auf deutsch erschienenen Band rechnet der Autor mit dem Gerede über Menschenrechte und die in ihrem Namen geführten Kriege ab. Als Linguist unterscheidet er dabei zwei Arten von "Schurkenstaaten": jene die propagandistisch zu solchen gemacht werden, "um ausgewählte Feinde als solche zu kennzeichnen", und solche, "die sich selbst an internationale Regeln und Abmachungen nicht gebunden fühlen." (S. 7). Die Logik lasse erwarten, dass die mächtigsten Staaten - Chomsky zielt dabei vor allem auf sein Land, die USA - "unter die zweite Kategorie fallen, sofern ihnen nicht innenpolitische Beschränkungen auferlegt werden" (ebd.). In seiner "Galerie der Schurken" zeichnet der Autor u.a. die US-Politik im Mittleren Osten - vor allem im Irak vor und nach dem 2. Golfkrieg -, in Lateinamerika (ein eigenes Kapitel ist der Beziehung zu Kuba gewidmet) sowie in anderen Teilen der Welt nach. Es sind keine Hasstiraden, die der Autor über sein Land ergehen lässt. Das Bestechende an seinen Ausführungen sind die vielen Belege aus Geheimdienst- und Militärpapieren, die diese andere Art der Geschichtsbetrachtung auszeichnen. Im Kapitel anlässlich der Feiern zu "50 Jahren Vereinte Nationen" fragt Chomsky nach dem Verbleib der Menschenrechte. Er skizziert darin die Aushöhlung der Medienfreiheit durch wirtschaftliche Machtkonzentrationen ebenso wie die systematische Verdrängung der Befreiungsbewegungen (sowie der Befreiungstheologie) in Lateinamerika. An Scharfzüngigkeit lässt auch dieses neue Buch des US-Autors nichts zu wünschen übrig. So kritisiert er, dass im internationalen Finanzsystem die Gewinne zwar privatisiert, die Risiken aber immer der Gemeinschaft aufgebürdet werden, und rät im Kontext der Debatte um die Entschuldung von Entwicklungsländern dazu, die "altmodische kapitalistische Idee wiederzubeleben, der zu Folge die Eliten, die Geld aufnehmen, auch persönlich für die Rückzahlung haften, während der Verleihende das Risiko trägt. (vgl. S. 71) Zudem müsse das "virtuelle Parlament des Kapitals der Investoren" demokratischer Kontrolle unterstellt werden. Chomsky bietet keine detaillierten Alternativen, aber er lässt uns bewusst werden, dass auch die "ökonomische Ordnung, die jetzt von oben verfügt wird, das Ergebnis der Entscheidungen von Menschen in von Menschen geschaffenen Institutionen (ist)" (S. 150) und diese auch veränderbar sind. Mit seinen gut recherchierten Skizzen einer anderen Geschichts- und Weltbetrachtung leistet er einen wichtigen Beitrag zur Gegenöffentlichkeit - eine nüchterne Bilanz gegen falsche Humanitätsrhetorik und selbstgerechte Gut-Böse-Schemata, die gerade nach dem 11. September neuen Auftrieb erhalten haben.
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